Was macht eigentlich eine innovative Unternehmensgründung aus? Was muss man beachten, damit die eigene Gründungsidee auch längerfristig erfolgreich ist und nicht als eine von vielen schnell wieder untergeht? Martin Zimdars, Rechtsanwalt und Experte auf dem Gebiet Unternehmensgründung, gibt im Interview mit Johanna Bäumer praktische Tipps.
1) Hallo Herr Zimdars, stellen Sie sich doch kurz vor. Womit beschäftigen Sie sich und was bietet die Existenzgründerwerkstatt?
Mein Name ist Martin Zimdars. Ich arbeite als Rechtsanwalt in Berlin, bewerte in der Jury eines Businessplanwettbewerbes die Businesspläne von Gründern und bin einer der Dozenten der Existenzgründerwerkstatt. Als Rechtsanwalt betreue ich vorwiegend Gründer im Bereich ihres Internetauftritts sowie der Vertragsgestaltung. Die Existenzgründerwerkstatt bietet Gründungsinteressierten in Seminaren Basiswissen zur Existenzgründung. Wir legen dabei großen Wert auf individuelle Betreuung unserer Gründer – auch nach dem Existenzstart. Besonderes Augenmerk haben wir auf die Existenzgründung aus der Arbeistlosigkeit gelegt.
2) Der Begriff Innovation wird gerade in der Gründerszene regelrecht inflationär genutzt. Nicht alle Unternehmen, die von sich behaupten, innovativ zu sein, sind es am Ende. Wann kann man tatsächlich von einer innovativen Unternehmensgründung sprechen?
Nun, von der wörtlichen Bedeutung einer Innovation als “Neuerung” oder “Erneuerung” ausgehend, müsste eine innovative Unternehmensgründung Kunden einen Nutzen bieten, den es so noch nicht gab. Gerade im “Start-up-Mekka” Berlin machen viele Gründer, für sich geltend, sie seien bereits deswegen innovativ, weil ihre Idee Internetbezug hat. Innovation muss aber mehr sein, muss einen “neuen Mehrwert” beinhalten. Dieser Mehrwert muss für den Kunden sofort ersichtlich sein. Man sollte allerdings auch darauf achten, dass man nicht allein produktbezogen für den Kunden innovativ ist, sondern auch intern auf innovative Prozesse und neue Strukturen setzt. Ansonsten verliert man, für den Kunden ebenso wie für potenzielle Bewerber, schnell an Glaubwürdigkeit. Wer z.B. im Bereich Cloud-Computing gründet, aber neue Bewerber durch einen verstaubten, ineffizienten und langwierigen Auswahlprozess schickt, sollte sicher nochmal in sich gehen und reflektieren, was es heißt innovativ zu sein. Mit viasto zählt Ihr da sicherlich zu den Gründungen, die mit Fug und Recht als wirklich innovativ bezeichnet werden dürfen (lacht).
3) Welche Hürden haben Gründer mit einer innovativen Unternehmensidee in Deutschland zu meistern?
Deutschland ist nicht so gründungsfeindlich wie es die Stammtischmeinung oft verklärt. Eine der wichtigsten Hürden, die es zu überspringen gilt, ist es, alle erforderlichen Anmeldungen für die Idee zu erhalten. Wenn eine Gründung zum Start Kapital benötigt, werden die Hürden hoch. Hier muss ein Businessplan her. Dieser Businessplan kann mittlerweile kaum noch vom Gründer alleine erstellt werden, ob der hohen Anforderungen. Ein kreditgebender Bankberater muss sich auch intern absichern, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, er habe nicht ausreichend die Idee auf Herz und Nieren überpfüft. Deswegen setzen viele start-up-Unternehmen auch vermehrt auch private Geldgeber, die dann allerdings oft inflationär am Unternehmenserfolg beteiligt werden müssen.
4) Aus Ihrem Erfahrungsbereich: Wie viele Unternehmensgründungen schaffen den Sprung ins gewinnbringende Geschäftsleben? Woran scheitern die anderen letztendlich?
Konkrete Prozentzahlen erfolgreicher innovativer Gründungen nur anhand meiner Erfahrung zu benennen, ist schwierig. Allerdings sind nach dem “KfW-Gründungsmonitor” etwa 2/3 aller Gründungen nach 3 Jahren nur noch “auf dem Markt”. In der Regel scheitern diese Gründungen und werden nicht an Nachfolger weitergegeben. Die Gründe des Scheiterns sind vielschichtig. Oft überschätzt der Gründer allerdings schon die Voraussetzungen und Entbehrlichkeiten, die ein Gründungsalltag mit sich bringt. Ein Gründer muss seine Persönlichkeit in die Idee einbringen, anders funktioniert es nicht. Auch das Team muss die Idee tragen. Weitere Gründe des Scheiterns sind vor allem die fehlende Finanzierung, die fehlerhafte Schwerpunktsetzung der Idee oder die Fehleinschätzung des Marktes. Wenn ein Gründer den Markt und die Konkurrenz vor Gründung nicht ausführlich sondiert, wird es schwer. Im Bereich von Teamgründungen kommt hinzu, dass Gründer oft von unterschiedlichen Voraussetzungen und Arbeitsrealitäten ausgehen. Wenn es im Team kracht, kann die Idee oft beerdigt werden. Als weiteren Grund sei noch das explosionsartige Wachstum genannt, in dem viele Gründungen in einem ad-hoc Recruitingprozess mehr oder weniger blind neue Mitarbeiter einstellen. Die Mitarbeiter, die eingestellt werden, sollten sorgfältig ausgewählt werden. Denn gerade im Start-Up Bereich kann jede Fehlinvestition – und das wird passieren, wenn schlecht ausgewählt wird – das Ende bedeuten.
5) Welche Tipps können Sie Gründern mit einer innovativen Produkt oder Dienstleistung mit auf den Weg geben?
Strahlt Lockerheit aus und tretet selbstsicher auf. Fokussiert Euch auf die Idee; seid überzeugt davon. Wenn eine Idee noch nicht da war, muss der Kunde von dem Erfolg des Neuen überzeugt werden. Ein Existenzgründer muss ein hohes Maß an Verkaufstalent besitzen oder sich aneignen. Die Kommunikation, sei es nun mit einer Bank für einen Kredit oder das Überzeugen von Kunden und Kooperationspartnern, ist “das A und O”. Natürlich muss auch der fachliche Hintergrund des Gründers für die Idee stimmen. Und schließlich: Findet die richtigen Mitarbeiter. Denn der dauerhafte Erfolg wird nicht allein vom Gründer getragen, sondern vom ganzen Team. Wählt das Team mit Bedacht aus, achtet auf den richtigen „Mindset“ – denn gerade in einem Start-Up müssen die Mitarbeiter begeisterungsfähig und flexibel sein. Sonst kann auch die beste Gründungsidee untergehen. Allmachtsweisheit ist auch mir nicht in die Wiege gelegt, daher können diese Tipps nur einen Rahmen bilden. Letztlich müssen Gründer ihren eigenen Weg finden. Wir von der Existenzgründerwerkstatt können diesem Weg nur begleitend zur Seite stehen.
6) Herr Zimdars, ich danke für das Interview.
Frau Bäumer, ich danke Ihnen für das nette Gespräch!